Judith Haudum
1.9.2025
Blog

Kontext - Weil's drauf ankommt

Es gibt sich nicht, die eine Ernährung, die für alle Menschen 100 % passt und richtig ist. Es kommt immer sehr stark darauf an, an wen man eine Ernährungsempfehlung richtet. Zum Beispiel beim Thema Zucker…. Das Thema begegnet uns ständig. Regelmäßig hören wir, wie schlecht übermäßiger Zuckerkonsum für unsere Gesundheit ist. Tatsächlich befindet sich heutzutage sehr viel Zucker in Produkten, die wir im Handel kaufen. Ob in Süßigkeiten, Saucen, Getränken, Backwaren, Wurstwaren, Fruchtjoghurts oder Brotaufstrichen, Zucker ist bei vielen Produkten unter den Zutaten zu finden. Gesüßte Getränke als Durstlöscher erhöhen den Zuckerkonsum vieler Menschen signifikant, was oft zu einem Überschuss an Kalorien führt. Weiters verursacht die hohe Zuckerzufuhr im Körper gesundheitliche Probleme (Malik & Hu, 2022). Dieser übermäßige Zuckerkonsum hat über die letzten Jahre dazu beigetragen, dass die Weltbevölkerung einen immer höheren Anteil an Übergewichtigen hat und die Häufigkeit chronischer Erkrankungen im Steigen ist. Gemeinsam mit weniger (meist unzureichender!) täglicher Bewegung wirkt sich der Zuckerkonsum negativ auf unsere Gesundheit aus.

Nicht nur aus diesem Grund lautet die Devise: Zucker in der Ernährung reduzieren. Laut EFSA sollte die Zufuhr 10 % der täglichen Gesamtkalorienmenge nicht überschreiten. Dies bezieht sich vor allem auf zugesetzten Zucker, den raffinierten Zucker, der einen sehr geringen Nährwert hat und außerdem Entzündungen fördert. Zucker kommt jedoch auch ganz natürlich in vielen Lebensmitteln vor. Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukte zählen dazu. Dort findet sich der Zucker aber mit einer Reihe von anderen Nährstoffen, die gesund und wichtig sind. Kalzium, Vitamin C, Kalium, Vitamin A uvm. sind neben Zucker in diesen Lebensmitteln enthalten.

Sollen Athlet:innen auf Zucker verzichten?

Im Sport spielt Zucker eine wichtige Rolle. Er dient unserem Gehirn und den Muskeln v.a. bei mittel bis hoch intensiven Belastungen als wichtiger Energielieferant. Die Zufuhr von schnellen, einfachen Kohlenhydraten dient hier dem Hinauszögern und Minimieren von Ermüdung sowie dem Erhalt der Leistung. Wer es hier verabsäumt, Kohlenhydrate aufzunehmen, wird mit der Leistung schnell abfallen. Besonders einfache Zucker machen es dem Körper leicht, schnell an Energie zu kommen und die Muskel mit notwendigem Treibstoff zu versorgen.

Zucker ist eine Form von Kohlenhydraten, die in einem bestimmten Kontext von Bedeutung für die sportliche Leistung sind.

Während wir also raffinierten Zucker in unserer täglichen Ernährung möglichst reduzieren sollen, gibt es für Sportler:innen Phasen, wo er notwendig ist. Nämlich beim Sport. Knapp vor, während und nach der Belastung dient er als Energielieferant. Wer es hier verabsäumt, ausreichend Kohlenhydrate aufzunehmen, riskiert gesundheitliche Probleme (z.B. Relativer Energiemangel im Sport). Außerhalb vom Training oder Wettkampf steht allerdings die Qualität im Vordergrund, d.h. nährstoffreiche Lebensmittel mit möglichst wenig zugesetztem Zucker und z.B. höherem Ballaststoffgehalt. Jedoch sei auch da am Rande erwähnt, dass Kohlenhydrate - ob vollwertig, ballaststoffreich oder raffiniert - am Ende in die einfachen Zuckermoleküle (Glukose) zerlegt werden. So werden sie von unserem Körper aufgenommen und gespeichert (Glykogen). Egal ob Vollkornbrot, Linsen oder Sportgetränk.

Sportgetränk

Während im Training schnelle Energie oft von Vorteil ist, sollten die Mahlzeiten dazu dienen, den Körper mit möglichst vielen Nährstoffen zu versorgen. Qualität am Teller und mit den Snacks, andererseits den einfachen Zucker für die Energieversorgung ins Training verschieben (Burke et al., 2011; Brown et al., 2025). Damit lassen sich auch die geliebten Gummibonbons und Fruchtgummis im Training sinnvoll als Energielieferant verwenden. In dem Kontext wunderbar, daheim auf der Couch nicht notwendig. Eben, auf den Kontext kommt es an!

Viele Empfehlungen gelten unter ganz speziellen Voraussetzungen

Gluten ist ein weiteres Bespiel, das oft in ein falsches Licht gerückt wird. Während Personen mit diagnostizierter Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) Produkte, die Gluten enthalten, meiden müssen, gibt es für Menschen ohne diese Diagnose keinen Grund dafür. Gluten ist nicht ungesund, schadet uns auch nicht und fördert keine gefährlichen Entzündungsprozesse im Körper (Wieser et al., 2020, Cortijo-Alfonso et al.; 2024). Glutenhaltige Lebensmittel enthalten viele andere wichtige Nährstoffe, die bei Vermeiden der Produkte in der Ernährung ebenfalls fehlen. Besonders bei Ballaststoffen kommen ohnehin viele nicht auf die empfohlene Tagesmenge. Wer nicht an der entzündlichen Darmerkrankung leidet, kann diese Getreideprodukte mit ruhigem Gewissen essen.

Eiweißpräparate füllen die Regale, mit Eiweiß angereicherte Produkte lachen uns in allen Abteilungen an und schnell bekommt man den Eindruck die Menschheit leidet an unzureichender Eiweißzufuhr. Dabei können auch die meisten Athlet:innen ihren erhöhten Eiweißbedarf mit der natürlichen Ernährung abdecken - sofern sie die Energiezufuhr an die Trainingsbelastung anpassen. Auf der anderen Seite nimmt mit zunehmendem Alter der Hunger ab, gleichzeitig beobachten wir geringere Effizienz bei der Verwertung vom Eiweiß bei Älteren. Eine erhöhte Zufuhr kann diese Einschränkung ausgleichen. Aufgrund von fehlendem Hunger sind Eiweißshakes und Trinknahrung gute Ansätze für eine ausreichende Zufuhr. Manchmal sind sie also sinnvoll und notwendig, die Eiweißpräparate. Kontext!

Fruchtsäfte sind für viele wichtige Nährstofflieferanten. Ein kleines Glas Multivitaminsaft liefert reichlich Vitamin C und trägt damit zur täglichen Nährstoffzufuhr bei. Besonders für Menschen, die Mühe haben, ausreichend Obst und Gemüse zu essen, sind solche Optionen hilfreich. Athlet:innen konsumieren mit modernen Sportgetränken neben Glukose auch Fruktose. Dadurch können mehre Kohlenhydrate aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit Sport versorgt die Fruktose den Muskel also mit wichtiger Energie.

Wer allerdings täglich mehrere Gläser Fruchtsaft konsumiert, um den Flüssigkeitsbedarf zu decken, wird dadurch sehr viele Kalorien und viel Fruktose aufnehmen. Langfristig kann das ungünstige Folgen haben (z.B.: Gewichtszunahme, Stoffwechselerkrankungen) (Giussani et al., 2022).

Im typischen Ernährungsmuster der westlichen Welt hat sich die Zeitspanne der Energiezufuhr weit ausgedehnt. Wir starten früh mit der Nahrungsaufnahme und essen bis spät am Abend. Das hat gesundheitliche Konsequenzen. Diese Konsequenzen beobachten wir v.a. bei jenen Menschen , die sich einerseits unzureichend bewegen und andererseits ihre Energiezufuhr auf 12 und mehr Stunden verteilen. Es wird empfohlen, spätes Essen zu vermeiden und die Energiezufuhr auf 10 Stunden zu beschränken.

Allerdings wird auch Athlet:innen häufig gesagt, spätes Essen zu vermeiden, weil das nicht gesund ist. Der Kontext ist in dem Zusammenhang jedoch wichtig. Wer am Nachmittag oder bis am Abend noch in der Halle trainiert, für den ist der Abend noch wichtige Regenerationszeit. In dem Fall sollte man am Abend noch Energie aufnehmen, um die Regenerationsprozesse im Körper zu unterstützen. Während wir schlafen, regeneriert unser Körper und braucht dafür bestimmte Substrate. Gehen wir nach dem Sport ohne Energiezufuhr ins Bett, wirkt sich das negativ auf Leistung und Gesundheit aus.

Kontext macht den Unterschied

Wie die oben genannten Beispiele zeigen, kommt es in vielen Fällen in der Ernährung darauf an, an wen man Empfehlungen richtet. Nicht erwähnt (weil es zu umfangreich ist) ist das Thema der Supplemente und Nahrungsergänzungsmittel. Auch dort gilt: Vorsicht! Mehr ist nicht immer besser und die Frage "Ob überhaupt?" sollte man sich als kritischer Mensch immer stellen.

Häufig werden Empfehlungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in einen großen Topf geworfen und auf alle übertragen sowie daraus dann falsche Schlüsse gezogen. Was für manche ungesund, unnötig oder gefährlich ist, kann für andere gesund, wichtig und sinnvoll sein. Der Kontext macht in der Ernährung den Unterschied.

Weiterführende Literatur:

Brown et al. (2025) Sports Nutrition: A Handbook for Professionals. 7th Ed, Academy of Nutrition & Dietetics.

Burke et al. (2011) Carbohydrate for training and competition. doi.org/10.1080/02640414.2011.585473

Cortijo-Alfonso et al. (2024). Effect of Barley and Oat Consumption on Immune System, Inflammation and Gut Microbiota: A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Curr Nutr Rep 13, 582–597. doi.org/10.1007/s13668-024-00543-x

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die Aufnahme von zugesetzten und freien Zuckern sollte so gering wie möglich sein.

Giussani et al. (2022). Fructose Intake, Hypertension and Cardiometabolic Risk Factors in Children and Adolescents: From Pathophysiology to Clinical Aspects. A Narrative Review. Front. Med. 9:792949. doi.org/10.3389/fmed.2022.792949

Malik & Hu (2022). The role of sugar-sweetened beverages in the global epidemics of obesity and chronic diseases. Nat Rev Endocrinol 18, 205–218 (2022). doi.org/10.1038/s41574-021-00627-6

Wieser et al. (2020). The Two Faces of Wheat. Frontiers in nutrition, 7, 517313. doi.org/10.3389/fnut.2020.517313

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